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Ich lebe in meinem ganz persönlichen kleinen Paradies mit einem liebevollen Partner, einem schönen Zuhause, einem bunt bemalten VW-Bus, einem großem Garten und Natur in unmittelbarer Nähe, einer wundervollen Hündin, gefiederten Freunden unterschiedlicher Größe und Art und einer guten Balance zwischen Freizeit und „Pflichten“. Es fehlt nichts. Das Leben könnte nicht schöner sein!

„Ja, ja. Träum weiter!“, höre ich es in meinem Inneren. „Du machst dir doch was vor, wenn du dir selbst einredest, dass du glücklich und frei bist!“

Diese Worte haben mich erstmal sprachlos gemacht. Was soll das? Meine Welt ist doch in Ordnung, in Frieden, in Sicherheit. Ich bin gut behütet und versorgt, kann mir Wünsche erfüllen und werde dabei sogar unterstützt. Ja, das stimmt alles und dennoch…

Wenn ich genau hinschaue, entdecke ich dahinter ein Gefängnis aus Angst. Darin kauert eine kleine, blasse, zitternde Frau, die sich nicht traut, ihre Ideen, Wünsche und Träume zu verwirklichen.

Zum Beispiel einfach in den VW-Bus steigen und Freunde besuchen fahren, oder einfach nur mal spontan zum einkaufen; oder durch die Stadt bummeln, in einem Kreativ-Shop oder Bücherladen stöbern und in einem Café die Zeit und die vorbei eilenden Menschen beobachten; oder vielleicht mal an einem Seminar teilnehmen oder ein Konzert besuchen; einfach mal „Urlaub nehmen“ von den Pflichten (Hund, Hühner und Haushalt).

„Das sind deine Wünsche?“ frage ich die kleine Frau.

„Ach, nein. Ich habe das alles eh so lange nicht mehr gemacht. Das fehlt mir schon gar nicht mehr. Bemühe dich bitte nicht um mich“, antwortet die Frau leise und schaut zu Boden. Sie schämt sich für die Aufmerksamkeit, die ihr geschenkt wird. Und sie hat Angst.

Angst davor, dass jetzt jemand kommt und ihr helfen will; dass sie Erwartungen erfüllen muss; dass sie Fehler macht; dass sie selbst und andere durch ihr Tun zu Schaden kommen; dass sie liebe Menschen verletzt; dass sie schwach und hilflos ist; dass sie ausgegrenzt wird; und dass am Ende wieder Vorwürfe, Verlust, Schmerz und Einsamkeit auf sie warten.

Um das alles nicht fühlen zu müssen, grenzt sie sich selbst aus, verwehrt sich die Erfüllung ihrer Wünsche, erzählt sich selbst, dass ihr nichts fehlt und bemalt die Wände ihres Gefängnisses mit bunten Blumen, tiefen Wäldern, blauen Seen und lebensechten Tieren und Insekten.

Und fast hätte sie auf diese Weise vergessen, dass sie in einem Gefängnis aus Angst sitzt, denn die Welt um sie herum ist doch bunt und lebendig.

Diese kleine Frau lebt in mir und ihr Gefängnis ist auch meines. Meine ach so schöne Welt hat sich in den letzten drei Jahren massiv verkleinert. Die Grenzen sind enger geworden und mit einem leichten Entsetzen realisiere ich, wieviel Freiheit ich in diesen Jahren eingebüßt habe.

Ich hatte es 2019 gewagt, ein Auto zu kaufen (obwohl ich extreme Angst vor dem Fahren hatte), habe meine Wohnung gekündigt und bin mit Hund und Auto durch Deutschland, Frankreich und Spanien gereist. Dann kam die Zeit der Corona-Maßnahmen und ich zog mich zurück, weil ich das alles nicht mitmachen wollte. Keine Reisen mehr, keine Café-Besuche, keine Stadtbummel mehr. Heute bin ich an manchen Tagen wieder so unsicher, dass ich nicht mal mit dem Auto zum Einkaufen fahre. Mit dem Hund in die Stadt? Das ist nervenaufreibend. Sie ist nur noch Wald und Wiese gewöhnt. Entspannt in einem Café sitzen? Unvorstellbar. Allein schon der Weg in ein Café stellt eine Hürde da.

Also bleibe ich stattdessen lieber zuhause in meiner kleinen Heile-Welt-Komfortzone und kümmere mich um Mensch und Tier. Das ist ja auch schön. Und darüber hätte ich mich fast selbst vergessen.

Seit ich angefangen habe, bewusst auf meine Gedanken und Gefühle zu achten, begegnet mir am meisten das Gefühl der Angst in unterschiedlichen Arten und Intensitäten. Von Unsicherheit bis leichte Panik ist alles über den Tag verteilt präsent. Und vieles davon wird durch Gedanken ausgelöst! Nicht mal durch reale Situationen. Durch Gedanken!

So sicher meine Außenwelt sich zeigt, so angstbesetzt ist wieder – oder immer noch? – meine Innenwelt. Ich hatte meinen Fokus so sehr in die Außenwelt verlagert, dass ich mich selbst im Innen gar nicht mehr richtig wahrgenommen habe.

Da denkst du, dass du dich in den Jahren weiterentwickelst und die meisten Ängste gelöst hast, und stattdessen hast du dich von dir selbst entfernt und bist dabei innerlich 10 Schritte rückwärts gegangen. Und du hast es nicht einmal mitbekommen. Unfassbar!

Der Anblick meines persönlichen Gefängnisses hat mich innerlich so sehr erschüttert, dass die Fassade Risse bekam. An einigen Stellen fiel sogar der so schön und kunstvoll bemalte Putz von den Wänden und brachte grauen Beton zum Vorschein.

Die kleine Frau starrt auf die abgebröckelten Stellen. „Was hast du getan? Jetzt sieht jeder, dass meine bunte Welt gar nicht richtig echt sondern nur gemalt war. Oh nein, oh nein. Was mache ich denn jetzt?“ Sie verdeckt ihr Gesicht mit den Händen, damit niemand sieht, wie groß ihre Verzweiflung ist. „Wieso musstest du herkommen? Es war doch alles gut so, wie es war“, stößt sie stockend hervor. Zusammengekauert hockt sie vor mir, regungslos und abweisend.

„Ich bin zu dir gekommen, weil ich gespürt habe, dass es so, wie es war, nicht gut war. Das Leben hat so viel mehr zu bieten, wenn wir uns ihm öffnen“, antworte ich ruhig und setze mich zu ihr.

„Ja, aber…“, setzt sie an und bricht ihren begonnenen Einwand wieder ab. Unsicher schaut sie mich an, als könne sie sich nicht vorstellen, dass sie frei in die Welt hinausgehen könnte.

„Wir waren schon mal an diesem Punkt und wir haben es geschafft. In kleinen Schritten haben wir uns aus einigen Ängsten befreit. Und das schaffen wir jetzt wieder. Du bist nicht allein auf deinem Weg. Wir gehen ihn gemeinsam.“

Ich stehe auf und reiche ihr meine Hand. Zögernd nimmt sie sie. Ich ziehe sie hoch und halte sie in einer sanften Umarmung. Sie zittert und wirkt schwach, doch sie wagt den Schritt, aus dem Gefängnis herauszutreten.

Ein blauer Schmetterling löst sich aus der Wand und flattert an uns vorbei – in die Freiheit. Ein Lächeln huscht über das Gesicht der kleinen Frau. „Ja, ich erinnere mich. Wir haben es schon einmal geschafft.“ Sie drückt meine Hand und gemeinsam gehen wir los.

Die Ängste, die ich gerade wieder in mir entdecke, gelten gar nicht der Welt da draußen. Dahinter verbirgt sich vielmehr die Angst vor meiner eigenen Angst, der Wut, der Trauer, dem Schmerz, der Enttäuschung, der Hilflosigkeit, der Ohnmacht. Dass sie mich überwältigen; dass ich sie nicht aushalten kann; dass sie mich fesseln und lähmen.

Die gewohnten Strategien waren bisher in erster Linie Vermeidung, Kontrolle oder Dissoziation. Keine geeignete Wahl für ein selbstbestimmtes, freies Leben.

Hm… Ich mache mich dann mal auf die Suche nach neuen Lösungsansätzen.

****

Foto: Pixabay, Lillaby (https://pixabay.com/de/illustrations/risse-wand-hintergrund-rosenranken-2001002/)

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